Die Assyrtiko-Rebe gilt als die Königin unter den griechischen Weißweinrebsorten. Erst kürzlich haben wir eine große Bandbreite an Assyrtiko-Weinen vom griechischen Festland verkostet. Bald soll es auch eine größere Verkostung mit der aromatischeren und säurearmeren Malagousia geben. Für den Übergang dachten wir uns, es wäre ganz interessant, einige Cuvées zu verkosten, die von beiden Rebsorten Gebrauch machen, sowohl von Assyrtiko als auch von Malagousia.
Das gibt uns auch die Gelegenheit, noch einige weitere Verkostungsnotizen zu veröffentlichen, die wir zu einer anderen Cuvée bereits parat haben, in welcher Assyrtiko eine Rolle spielt. Es handelt sich dabei um eine gerade in der PGI Drama sehr beliebte Kombination aus Assyrtiko und Sauvignon Blanc, wobei die Trauben der ersteren Rebsorte Frische beisteuern und die der letztgenannten für fruchtige Aromen sorgen. Ein Klassiker ist etwa der Thema weiß vom Ktima Pavlidis, ein Wein, den wir bereits hier besprochen haben. Aber auch in anderen Regionen ist dieser Mix beliebt. Ein sehr bekanntes Beispiel aus der ebenfalls nordgriechischen PGI Pangeon wäre etwa der Ktima Biblia Chora weiß vom gleichnamigen Weingut, den wir ebenfalls bereits verkostet haben. Ein weiteres international bekanntes Beispiel aus der PGI Drama wäre der Amethystos weiß von der Domaine Costa Lazaridi (hier gibt es Details zum Weingut), der sich gut mit den beiden genannten Weinen vergleichen lässt.
Hier dominiert der französische Anteil mit 80%. Säure ist im von uns verkosteten Jahrgang 2020 trotzdem sehr ordentlich vorhanden. Wobei man darauf hinweisen muss, dass diese bei nicht darauf abgestimmter Essensbegleitung als sehr spitz erscheinen kann. Dazu passt allerdings die Zitrusaromatik, die hier ganz konsequent durchgezogen wird. Die grünen Noten des Sauvignon Blanc stehen hier ganz im Dienst einer den Abgang vollständig dominierenden Zitronenfrucht. Der Abgang ist dann auch enorm lang, gerade für einen Einstiegswein (den man für 12,50€ im aktuellen Jahrgang 2021 bei unserem Partnershop erwerben kann). Allerdings fanden in unserer Verkostung einige dieses klare Profil des Weins zu aufdringlich. Deswegen bekommt der Wein bei uns sehr gute 15,5 Punkte – wird aber auch zusätzlich mit dem speziellen Hinweis versehen, dass Freunde der gelben Zitrone hier ins Schwärmen geraten können.
Noch eine weitere Cuvée aus Assyrtiko und Sauvignon Blanc haben wir in petto. Die Güter Ktima Pavlidis, Domaine Costa Lazaridi und Ktima Biblia Chora liegen auf einer Nord-Süd-Achse. Die Passas Winery befindet sich etwas weiter östlich, auf halber Strecke zwischen den Städten Drama und Xanthi. Außerhalb einer PGI fühlt man sich hier doch der PGI Drama recht verbunden, wie der Mavra Nera 2020 zeigt, der gerade in der vergleichenden Verkostung mit dem Wein vom Ktima Pavlidis ganz interessante Facetten zeigt.
Er ist nicht so exotisch in der Frucht und auch generell nicht so expressiv. Aber er ist von einer schönen gelben Frucht geprägt. Am Gaumen zeigt sich der Sauvignon Blanc hier auch mal mit grün-rassigen Noten. Das führt eine gewisse Spannung in den Wein ein, die man unterschiedlich bewerten kann. Auf jeden Fall ist interessant, dass hier die Trauben dieser Rebsorte anscheinend reifer geerntet wurden, was im Vergleich zu den anderen genannten Weinen eine interessante Abwechslung darstellt. Strukturell fällt das ansprechende Spiel des Weins auf. Insgesamt fehlt allerdings etwas Extrakt. Der Wein ist sehr frisch, aber er ist nicht so rund wie der Ktima Pavlidis. Das liegt auch an nur 12,5% Alkohol. Auf jeden Fall ein spannender Vergleich, der uns hervorragende 16,5 Punkte wert ist.
Nun aber zu der kürzlichen Verkostung einiger Cuvées aus Assyrtiko und Malagousia.
Der Klassiker ist hier freilich der weiße Einstiegswein vom Ktima Gerovassiliou (PGI Epanomi, jetzt also Richtung Westen), der nach dem Weingut benannt ist. Evangelos Gerovassiliou gilt als der Retter der Malagousia-Rebe und sein rensortiger Wein gilt zurecht als Standard, an dem sich andere Malagousias messen müssen. (Hier haben wir den 2020er besprochen und einige Hintergründe zur Rebsorte zusammengestellt. Hier erfährt man mehr über das Weingut.) Aus der Malagousia werden oft Weine mit blumigem Bukett hergestellt. Das Ktima Gerovassiliou setzt hingegen auf eine frühere Ernte und ein fruchtigeres Aromenspektrum. Insbesondere eine ganz klare Pfirsichfrucht ist hier charakteristisch. Diese ist auch in diesem Wein ganz klar dominierend. Der Wein ist damit eine echte Alternative zur Vermählung aus internationalem Sauvignon Blanc und autochthonem Assyrtiko – insbesondere für Leute, die fruchtige Aromen im Wein schätzen, denen die Cuvée aus Assyrtiko und Sauvignon Blanc aber entweder zu viel Gerbstoff hat oder aber zu weit ins exotische (kitschige?) Spektrum abdriftet. Ein Wein, an dem niemand in einer sommerlichen Runde etwas auszusetzen haben wird! Der Assyrtiko steuert im hier verkosteten Wein eine knackige Säure bei. Ganz so füllig und komplex wie der reinsortige Malagousia ist dieser Einstiegswein freilich nicht. Der Nachhall ist trotzdem beachtlich. Der Wein verdient großartige 17,5 Punkte. Er ist im Jahrgang 2019 bei unserem Partnershop für 13,69€ erhältlich.
(NACHTRAG: Im Vergleich mit dem reinsorten Malagousia des Weingutes, den wir kurz darauf verkosteten und hier besprachen, zeigt sich, wie genial die Kombination der Rebsorte Malagousia mit Assyrtiko ist. Denn der bekannte reinsortige Wein von Ktima Gerovassiliou lässt im Jahrgang 2021 gänzlich die typischen expressiven Pfirsichnoten vermissen. Schuld: frühe Ernte aufgrund der herannahenden Hitzewelle. Um Säure und andere Parameter im Rahmen zu halten, konnte nicht länger gewartet werden. Hier dagegen spielte das keine Rolle, denn die Assyrtiko-Rebe steuert die Säure bei. Was hier an Malagousia geerntet wurde, muss die Struktur des Weines nicht aufrechthalten, sondern nur Aromatik liefern.)
Sehr interessant im Vergleich ist der Idea weiß 2021 von der Barafakas Winery. Hier sind wir nun in der PDO Nemea und haben einen Wein mit der Herkunftsbezeichnung PGI Peloponnes auf dem Etikett vor uns. Dieser Wein ist eine schöne Ergänzung zum Klassiker vom Ktima Gerovassiliou, da hier das florale Potenzial der Malagousia-Rebe mehr in Erscheinung tritt. (Für ein Musterbeispiel eines reinsortigen Malagousia-Weines, der in diesem Ende des Aroma-Spektrums anzusiedeln ist, siehe hier.) Zudem kommt die Säure hier noch eine Spur starker zum Tragen. Das Schöne an dem Wein ist folglich, dass beide Cuvée-Partner gleichwertig und sortentypisch in Erscheinung treten. Das verdient hervorragende 16,5 Punkte.
Bekanntermaßen kann die Malagousia-Rebe im Wein nicht nur für florale und fruchtige Aromen sorgen, sondern auch das kräuterige Spektrum bedienen, wie etwa der reinsortige Wein der Giannikos Winery, ebenfalls von der Peloponnes, zeigt (siehe hier). Wem das gefällt, der dürfte auch am Roggia weiß vom kleinen Bio-Gut Liappas Winery seine Freude haben. Denn da hat man zwischenzeitlich den Eindruck, an griechischem Bergtee zu schnuppern. Mit der Liappas Winery befinden wir uns nun abschließend in Zentralgriechenland, in der PGI Karditsa, also ca. auf halber Strecke zwischen den nordgriechischen Weingütern und der Barafakas Winery. Die Cuvée besteht aus 80% Assyrtiko und nur 10% Malagousia sowie 10% der recht ähnlichen Batiki-Rebe. Am Gaumen kommt der Assyrtiko dann auch mit interessanter Frucht durch. Die Kombination mit leicht laktischen Noten lässt an Dosenmandarinen denken. Dazu passt auch eine gewisse Süße. Der Jahrgang 2019 neigt sich langsam dem Ende seines Trinkfensters zu, wie auch das Weingut selbst uns gegenüber, die wir die Verkostung dieser Cuvée lange vor uns hergeschoben haben, schon länger betont. Sehr gute 16 Punkte.
Geographisch kehren wir jetzt nochmal auf die Peloponnes zurück, in die PGI Ilia an der Westküste. Der Sprung ist dadurch nötig, da der Ekecheiria 2020 vom Olympia Land Estate aromatisch nicht so schön in das uns bekannte Spektrum der Malagousia eingeordnet werden kann. Im Moment erscheint uns die Nase noch etwas verschlossen. Die 13,5% Alkohol – Spitze unter den hier verkosteten Assyrtiko-Malagousia-Cuvées, die sonst bei 12,5% oder 13% liegen – machen den Wein auch am Gaumen noch etwas belegend. Aromatisch dominiert dort Honig. Allerdings ist der Wein bei Weitem nicht so oxidative ausgebaut wie der Chardonnay desselben Jahrgangs (siehe die Verkostungsnotiz hier). Den Assyrtiko desselben Jahrgangs haben wir erst kürzlich probiert (siehe hier). (In jener Verkostung war der Wein immer noch hervorragend dabei, auch wenn er nicht einen so fantastischen Eindruck hinterließ wie der Jahrgang 2019 im Vorjahr, siehe hier). Entsprechend ist man hier besonders versucht, den Beitrag der Malagousia-Rebe herauszuschmecken. Noch dazu, wo beide griechischen Reben (wie beim Idea weiß) je zu 50% vertreten sind. Vermutlich werden wir in ein paar Wochen nochmal auf diese Verkostungsnotiz zurückkommen müssen – wenn wir dann auch den reinsortigen Malagousia des Weinguts verkostet haben werden und befreiter auf diesen Wein zurückblicken können. Man kann im Moment zumindest auf eine recht kräuterige Ausrichtung des Malagousia-Weins spekulieren. Denn zu Birne als fruchtigem Anteil kommen sehr dezente und leicht süßliche Kräuteraromen. Sehr positive fällt auf, dass der Wein auch nach mehreren Tagen nicht verliert, sich sogar noch weiterentwickelt und runder wird. Gerade der Alkohol scheint dann besser eingebunden. In der Annahme, dass dies ein Reifepotenzial widerspiegelt, vergeben wir hervorragende 16,5 Punkte und werden versuchen, denselben Wein im nächsten Jahr nochmals zu verkosten. Bis dahin werden wir hier dann schonmal einen Link auf die Malagousia-Verkostung setzen, sobald wir diese durchgeführt und darüber geschrieben haben. Wer sich selbst ein Bild machen kann, kann den Wein hier für 11,90€ erwerben, ebenso wie den jeweils reinsortig ausgebauten Assyrtiko und Malagousia. (NACHTRAG: Ob besagte Verkostung des Malagousias dann die große Erleuchtung brachte, kann man hier nachlesen.)
Comments