Dass der Ktima Kokotos 2017 vom Kokotos Estate (PGI Attika) kein schlechter Wein sein kann, ist spätestens klar, seit er es beim Wettbewerb „50 Great Greek Wines“ auf Platz 15 schaffte und damit die beste internationale Cuvée unter den verkosteten Weinen war. Doch auch davor dürften Griechenlandliebhaber dieses Wein bereits auf dem Schirm gehabt haben. Er kommt schließlich von einem Weingut mit jahrzehntelanger Tradition. Anne und Jorgos Kokotos hatten das Weingut bei Stamata, unweit von Athen, als Refugium gegründet und seit 1985 in Flaschen abgefüllt. Konstantinos Lazarakis MW meint, es sei neben dem Cabernet Sauvignon von Katogi Averoff „the coolest, firmest, most old-world Cabernet Sauvignon in Greece, needing years to soften“ gewesen (The Wines of Greece, S. 191). Nach einer Phase des Wachstums, der Gründung eines Weinguts in Nemea und der Abgabe des Namens „Semeli“ an dieses, ist das Ehepaar Kokotos jetzt wieder ganz mit ihrem Weinberg bei Stamata beschäftigt, seit 2011 wird der „Kokotos Estate“ unter diesem Namen abgefüllt.
Wir wollten jetzt wissen, wie gut dieser Wein tatsächlich ist.
Dazu musste natürlich erstmal ein würdiger internationaler Vergleichswein her. Schnell war klar, dass wir dafür Château Ducru-Beaucaillou besorgen mussten.
Denn dieses zweite Gewächs aus Saint Julien weist in diesem Jahrgang ebenfalls 90% Cabernet Sauvignon und 10% Merlot auf. Für die Blindprobe also ideal – wenn auch für den Geldbeutel belastend. Zukünftige Vergleiche mit internationalen Weinen dürften übrigens einfacher werden, da das Ktima Kokotos seit 2019 den Merlot-Anteil hochfährt. Das hat damit zu tun, dass das Ehepaar nach 15 Jahren einen deutlichen Qualitätsanstieg der 2002 unmittelbar anschließenden Planzung mit Merlotreben feststellte.
Optisch unterscheiden sich die Weine doch recht deutlich. Der Ducru-Beaucaillou (im Bild unten rechts) geht weit mehr ins violette Spektrum, hat aber auch schon mehr Depot, sodass man aus der Farbe allein noch nicht viel über die relative Alterungsfähigkeit ableiten darf.
Im Ausbau sind die beiden Weine ähnlich, wenn natürlich auch nicht identisch. Ducru-Beaucaillou verbringt 18 Monate in französischer Eiche, Kokotos sogar 26. Was den Alkohol angeht, sind beide wieder recht nah beieinander: Ducru-Beaucaillou bringt es auf 13,5% Alkohol, Kokotos auf 14%. Trotz dieser Berührungspunkte ist dann doch schockierend, wie nahe die Weine in der Nase beieinander liegen. Gerade wenn die Weine etwas wärmer werden, würde man sie ohne paralleles Glas kaum noch auseinanderhalten können. Ducru geht eine Spur mehr ins Rotfruchtige, Kokotos hat mehr rauchige Aromen. Auch am Gaumen geht kaum eine Papierbreit zwischen die beiden Cuvées. Ducru-Beaucaillou ist ein Hauch filigraner, Kokotos dafür komplexer. Auch im Nachhall halten sie vergleichbar lange durch. Zwei Weine, wie sie für ihren Typ kaum besser sein können – nur noch mit der Zeit jeweils besser werden könn(t)en.
Die Tatsache, dass der Kokotos so mühelos mit einem der besten Bordeaux-Weine des Jahrgangs mithalten kann (man traut es sich kaum zu sagen: in der Blindprobe sogar die Nase vorne hatte), kann gar nicht genug betont werden. Ich muss dabei daran denken, dass Marcus Hofschuster für „wein.plus“ noch kürzlich unter 150 griechischen Weinen nur vier finden konnte, die es bei ihm mit Ach und Krach auf und über die 90-Punkte-Marke geschafft haben. Zum Vergleich: Der Ducru-Beaucaillou2017 hat momentan auf „Global Wine Score“ eine Dutschnittsbewertung von 96,37 Punkten – und liegt damit unter den trockenen Rotweinen des Bordeaux auf Platz 11, am linken Ufer unmittelbar nach Latour, Margaux, Haut Brion, Leoville Las Cases, Mouton Rothschild und noch vor Lafite, Palmer und Konsorten. Freilich mit 50€ ist der Kokotos auch einer der allerteuersten griechischen Rotweine – kostet aber eben doch nur ein Drittel des Ducru-Beaucaillou und dürfte noch kaum einem Bordeaux-Liebhaber bekannt sein. Der perfekte Wein also, um als Bordeaux-Fan Vorurteile über Griechenland zu überdenken (oder einen solchen Bordeaux-Fan aufs Glatteis zu führen…). Auch sehr schön übrigens: Im Shop des Weinguts spiegeln die Preise für die einzelnen Jahrgänge die Einschätzung der Qualität durch die Produzenten wider…
Ach ja, eines dürfen wir zum Abschluss bei allem Schwärmen natürlich nicht vergessen: Wie gut ist denn nun der Koktos Estate 2017? Es ist ein ohne jeden Zweifel phänomenaler Wein, der mindestens 19 Punkte verdient und mit mehr Reife sogar noch Platz nach oben hat.
Comments