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Griechische Weine

Die besten Assyrtiko-Weine vom griechischen Festland



Der Sommer bot dieses Jahr in Deutschland über Monate hinweg kaum Gelegenheit für ausführliche Weinproben im Freien. Als das Wetter dann an einem Wochenende im August doch so halbwegs mitzuspielen schien, konnten wir uns endlich mal etwas ausführlicher dem Assyrtiko widmen. Wir wollten die Rebsorte Weintrinkern vorstellen, die schon etwas Tuchfühlung mit griechischer Weinkultur aufgenommen hatten, aber noch nicht ganz auf Santorini eingeschossen waren, sondern noch offen für neue Erfahrungen waren. Denn diesmal sollte es um Festland-Terroirs gehen.


Das Wetter spielte auch so einigermaßen mit – einen kurzen Regenschauer mussten wir freilich noch abwarten und die Gabriel-Gläser wurden besorgniserregend vom Wind über den Tisch geschoben, aber angesichts von Sonnenschein konnte man diese Monate ja nur mehr als zufrieden sein.


Unsere Reise begann ganz im Osten Nordgriechenlands, in der PGI Drama. Von dort verkosteten wir Weine von der Domaine Costa Lazaridi (1) und dem Ktima Pavlidis (2). Von da sollte eigentlich Richtung Thessaloniki ein Zwischenstopp beim Ktima Biblia Chora (3) in der PGI Pangeon eingelegt werden. Der weiße Areti, bei den «50 Great Greek Wines» noch der beste Assyrtiko von außerhalb Santorinis, schied aufgrund eines doch recht deutlichen Böcksers jedoch aus dem Rennen aus. (Dass einer der Gäste die Flasche trotzdem mit Freuden trank, spricht wohl für den Wein.) Von dort machten wir dann einen großen Sprung westwärts in das semi-kontinentale Klima der PGI Florina von Alpha Estate (4). Bei den Seen Amyndeos verweilten wir noch kurz, da das Ktima Kir-Yianni nur einige Kilometer entfernt mittlerweile auch Assyrtiko anbaut (5). Nach diesem Schwerpunkt auf Nordgriechenland machten wir nun noch einen Abstecher gen Süden. Zunächst, des Kontrasts betreffend den Alkohol angehend, auf die Peloponnes, in die PGI Ilia, zum Olympia Land Estate (6). Danach mussten wir uns nochmal ein wenig zurückbewegen, in die wenig bekannte PGI Fthiotida, auf halber Strecke zwischen Amyndeo und Athen – weil das Weingut Evampelos Ghi Assyrtiko im Holzfass ausbaut (7). Da die ganze Reise durch die Festland-Assyrtikos blind vonstatten ging, beschwerte sich auch niemand beim Reiseleiter für die zum Schluss etwas chaotischen Reisebewegungen… Es folgend die gemeinschaftlich auf dieser Expedition gewonnen Eindrücke.



Château Julia Assyrtiko 2019 von der Domaine Costa Lazaridi

Ein sehr schöner Assyrtiko von der Domaine Costa Lazaridi, der vor allem durch seine Ausgeglichenheit auffällt. Er zeigt die Primärtugend, bei der es beim Assyrtiko ankommt: eine knackige Säure. Dazu kommen in der Nase auch einige blumige Aromen, die das sonst (für Assyrtiko vom Festland!) typischere fruchtige Bouquet abrunden. Der Nachhall ist mittellang, wenn auch nicht sonderlich komplex, der ganze Geschmacksverlauf überwiegend von Zitrusfrüchten geprägt. Gerade die Ausgeglichenheit polarisiert ein wenig. In unserer Blindverkostung tendierten einige erfahrenere Griechenland-Fans zu niedrigeren Noten – eher international versierte Weintrinker waren aber schlicht eines: sehr zufrieden. Und darauf kommt es schließlich an, wenn man griechischen Wein einem weiteren Publikum zugänglich machen möchte. Daher gibt es, trotz großer Varianz im Verkosterfeld, auch hervorragende 16,5 Punkte.


Emphasis Assyrtiko 2019 vom Ktima Pavlidis

Ein Wein, der polarisiert. Blind treffen einen blumige Noten, die auch an diverse Rotweine erinnern könnten, auf die Nase. Und in der Tat ist die Farbe beinahe golden, mehr noch als bei im Holz gereiften Varianten. Die am oberen Ende anzusiedelnden 14,5% Alkohol verleihen dem Wein zudem eine beachtliche Vollmundigkeit – mit welcher die Aromatik zuweilen zugegebenermaßen aber nur mit Mühe mithalten kann. Dasselbe ist für die Tendenz zu Bitternoten zu sagen. Der mit Sauvignon Blanc verschnittene weiße «Thema» desselben Jahres ist mit seiner exotischen Frucht zumindest unzweifelhaft um Welten verspielter! Dieser Assyrtiko ist ein Wein, der in der Bewertung vor echte Herausforderungen stellt. Im Abgang zeigt sich nochmal eine kräutrige Würzigkeit, der aber dann doch die Mineralik fehlt, um richtig zu überzeugen. Ein Wein, der also irgendwie auf Messers Schneide steht. Die Blindverkostung zeigt: Bei vielen Weintrinkern wird dieser Wein zu viel Irritation auslösen – er trinkt sich auch mit fortschreitender Abendstunde einfach nicht aus. Und es fehlt ihm dann doch die Komplexität, als dass man es auf diese und fehlenden Anspruch schieben könnte. Daher beugt sich der anders gestimmte Hauptverkoster dem demokratisch erzielten Urteil und akzeptiert die «nur» sehr guten 16 Punkte. Zumal diese von Leuten vergeben wurden, die vom weißen Cuvée desselben Weingutes geradezu begeistert waren. Ich bleibe aber dabei: Ein Wein, dem wirklich nur das Zünglein an der Waage fehlt – beziehungsweise vielleicht der überspringende Funke im Antrunk, der tatsächlich etwas enttäuscht. Fest steht, dass dies ein mutiger Wein ist, wenn es um die Entwicklung des Festland-Assyrtikos geht. Zugegeben, vielleicht ist er in diesem Jahrgang tatsächlich nicht so überzeugend. Ich sehe hier aber auch ein ganz außerordentliches Potenzial. Hier sollte nur ein wenig an den Stellschrauben gedreht werden und nicht alles über den Haufen geworfen werden. Dann ist viel, und das ist zu betonen, viel, mehr drin.


Assyrtiko Aghia Kiriaki 2018 von Alpha Estate

In der Nase dieses Weins vom Alpha Estate zeichnet sich schon mehr als für Festland-Assyrtiko übliche Mineralik ab. Und am Gaumen bestätigt sich dann eine gewisse Eleganz, die vom ausgedehnten Feinhefelager her ausgeht. Ein Wein, der sicher zu Austern passt – aber als Durstlöscher am lauen Sommerabend eher enttäuschen wird. Und zwar auch diejenigen, die eine Konzentration auf Struktur sonst durchaus verzeihen würden. Denn irgendwie geht Eleganz hier, eigentlich untypisch für das Alpha Estate, dann doch auf Kosten der Komplexität. Der Abgang ist durchaus der Erwartung entsprechend lang, aber einfach etwas zu sehr von doch etwas zu schlichtem grünen Apfel dominiert, um begeistern zu können. Der Wein «macht mich weder heiß noch kalt,» wie der Grieche sagen würde. Er wird den Santorini-Fan nicht überzeugen und den international orientierten Weintrinker nicht abholen können. Ja, da kommt ganz am Schluss noch etwas Pflaume und, wenn man noch länger wartet, sogar noch eine Ladung nussiger Aromen, die es in sich haben. Irgendwann könnte man meinen, man hätte gerade einen Schluck Champagner genossen. Aber würde man das, so viel Fairness muss sein, überhaupt noch merken, wenn man, das Weingut kennend, nicht ganz andächtig warten würde? Und wenn man dann zu lange wartet, zeigt sich, so behaupten einige, sogar noch ein schwefliger Nachgeschmack. Irgendwann muss man also realistisch betrachtet auch abbrechen und eingestehen: Wir vergeben hier etwas, aufgrund des Erzeugers enttäuschte, aber im Ganzen natürlich immer noch hervorragende 16,5 Punkte. Wer Frucht bei Assyrtiko nicht braucht und einfach mal eine natürlich immer noch unverschämt günstige Alternative zur natürlich notorisch teuren mineralischen Variante von Santorini sucht, wird hier sicher sehr zufrieden sein. Aber Achtung, wenn es darum geht, nicht speziell graecophile Gäste für griechischen Wein zu gewinnen! Da ist der nur wenige Kilometer entfernt gewonnene Assyrtiko von Kir Yianni dann doch die deutlich passendere Wahl.


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Assyrtiko 2020 vom Ktima Kir-Yianni

Ein absoluter Gegenentwurf zu Santorini-Assyrtiko. Absolut fruchtig, Litschi und Himbeere, in der Nase und am Gaumen – da braucht der Assyrtiko vom Ktima Pavlidis schon den Sauvignon Blanc dazu. Noch leichte Kohlensäure, die aber den wenigsten störend auffallen wird. Mit nur 13% ein Wein mit gehörigem Trinkfluss, mit dem man absolut nichts falsch machen kann. Passender kann ein Schraubverschluss nicht sein. Sicherlich kein sonderlich komplizierter Wein. Aber die Nase haut einen eben doch jedes Mal aufs Neue um, wenn man ihn mit anderen Assyrtiko-Produkten vergleicht. Da ist diese frische Limette, auch noch nach zwei Wochen! Und die Säure, genau so muss sie sein. Da der Wein zudem in der Blindverkostung durchschnittliche Weintrinker ausnahmslos zu begeistern wusste (die bei der mehr die Eleganz betonenden Variante der nur wenige Kilometer entfernten Weinberge des Alpha Estate ausstiegen), müssen wir hier fairerweise ganz klar großartige 17,5 Punkte verleihen. Und auch anspruchsvollere Assyrtiko-Fans werden das angesichts der Feige im Abgang ganz willig schlucken.


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Assyrtiko 2019 vom Olympia Land Estate

Ein Assyrtiko zum Verlieben! Für einen Moment mag man meinen, an einem salzigen Stein zu riechen. Doch dann merkt man: Das hat nun wirklich gar nichts mit dem gestrengen Vorfahren von der Vulkaninsel zu tun. In der Nase ist dieser Assyrtiko unglaublich lockend – ja, sogar auf positive Weise irritierend. Ein Wein, der in jeder Blindprobe erstmal für Innehalten sorgen wird. Ist das Harz? Eukalyptus? Da muss doch Holz im Spiel sein! Nein, ein alter Wein, zweifellos. Pflaumen und Kräuter, alles ganz dicht vermischt. «Ist das schon medizinisch?,» mag da jemand vielleicht sogar schon unken. Ach quatsch, probier’ doch mal! Da, am Gaumen, geht die Achterbahnfahrt nämlich weiter. Der Wein zündet in zwei Phasen. Zunächst ist da diese Bombe an Thymianhonig, die den ganzen Mund auskleidet. Und dann kommt da nochmal eine ordentliche Portion Frucht dazu, die sich mit unglaublicher Kraft aus dieser zähen Masse herausschält. Freilich, vor allem Quitte. Aber hey, oxidativ geht auch mit Himbeere. Gefolgt wird das Ganze von einem extrem langen, sich ständig entwickelnden Nachhall. Man ist so am Kopfschütteln, das man das Fehlen einer mineralischen Dimension erst bemerkt, wenn die Flasche vermutlich eh schon leer ist – und zwar auch (praxisgestest!) bei den Trinkfluss durchaus hochansiedelnden Weinliebhabern. (Eingefleischte Santorini-Fans werden eh einen Etiketten-Schwindel und eine andere Rebsorte behaupten…) Und all das, obwohl dieser Wein mit seinen 15% gewiss kein leichtes Wässerchen ist. Einfach nur fantastisch, was das kleine Weingut Olympia Land Estate da gezaubert hat. Irre. Unzweifelhaft phänomenale 18,5 Punkte! Dass dazu noch kommt, dass ich die PGI Ilia für absolut unterschätzt halte und dem Weingut nach den Bränden, welche den die Reben umgebenden Olivenhain nicht schonten und das Gut mit Rauchschwaden zeichneten, diese Bewertung nur all zu sehr gönne, kann ich hier mit bestem Gewissen verlauten lassen, denn zu dieser Bewertung kamen wir blind.


Geraklis Boreas Assyrtiko 2018 von Evampelos Ghi

In der Nase leichte Karamellnoten, welche Fruchtaromen überlagern. Diese tendieren ins dunklere Spektrum, sogar Blaubeeren sind dabei. Dazu aber auch typischere Mirabellen-Aromatik. Am Gaumen dann gute Cremigkeit – die Kombination aus französischer und amerikanischer Eiche legt hier zu den gerademal 13% Alkohol eine ordentliche Schippe oben drauf. Das Weingut Evampelos Ghi geht hier in Sachen Holzausbau sehr lobenswerte eigene Wege! Die Frage, ob man Assyrtiko gewinnbringend ins Holz stecken darf, ist mit diesem Wein auf jeden Fall eindrucksvoll geklärt. Mit eher moderater Säure ist er aber kein Strukturwein. Der Wein macht erstmal die Biege und kommt dann mit einem zweiten Nachhall doch noch zurück. Wem beispielsweise der Assyrtiko vom Ktima Pavlidis zu bitter ist oder derjenige von der Domaine Costa Lazaridi zu sehr in die Zitrus-Richtung abdriftet, der hat hier einen Wein, der viel Trinkfreude bereiten wird. Der Praxistest zeigt zudem: Auch eher moderate Weintrinker fühlen sich hier keineswegs überfordert. Ausgerechnet in Sachen Trinkfluss schneidet in unserer Blindverkostung nur noch der junge Assyrtiko vom Ktima Kir-Yianni besser ab. Demnach: Hervorragende 17 Punkte.





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