Die Rebsorte Kotsifali wird oft als kretische Entsprechung des französischen Merlot betrachtet. So wie Merlot im Bordeaux dem Cabernet Sauvignon einen weichen Schliff verpasst, soll der in der Cuvée mit Mandilaria einen Ausgleich zu übermäßig aufdringlichen Tanninen liefern. Von Letzteren hat die Rebsorte Mandilaria genug, dafür fehlen ihr Alkohol und intensive Aromatik. Umso spannender, dass das Weingut Silva Daskalaki ganz eigene Wege geht!
Der «Enstikto» besteht zu 70% aus Kotsifali und zu 30% Syrah. Seit 2015, dem Jahrgang, den wir verkosten durften, reift er für ein Jahr in neuen französischen Eichenfässern. Mandilaria steuert zusammen mit Cabernet Sauvignon je die Hälfte zum «Sera» bei.
Bereits der «Sera» mit dem einprägsamen Schlüsselloch als Etikett ist ein sehr eindrücklicher Wein. Wie aufgrund der Rebsorten kaum anders zu erwarten, ist er eine echte Tannin-Bombe. Vermutlich hat dieser Wein aus dem Jahrgang 2015 jedes Jahr seiner Reifung nötig gehabt. Dafür ist er jetzt aber auf den Punkt präsent. Fein sind diese Tannine noch lange nicht und werden es wohl auch nie werden, aber sie drängen keinesfalls unangenehm in den Vordergrund, sondern warten schlicht auf eine deftige Speisebegleitung. Dass dieser Wein von uns am Ende hervorragende 17 Punkte bekommt, verdankt er vor allem einer Eigenschaft: seiner ganz erstaunlich frischen Frucht. Kirsche, vor allem Kornelkirsche, ist hier vom Antrunk an da. Und diese Aromatik bleibt und bleibt in einem für diese Preisklasse enorm langen Abgang.
Eine Schippe draufgelegt wird dann aber nochmal beim roten «Enstikto» desselben Jahren. Das ist wahrlich ein Wein mit Charakter! In der Nase vermengen sich dunkle Früchte, reife Pflaumen, ein Hauch von Teer. Man muss, trotz der tiefdunklen Farbe, direkt an Nebbiolo denken. Am Gaumen zeigt sich der Wein dann mit einer unglaublichen Dichte. Die anhaftenden Tannine unterstützen diesen den ganzen Mund auskleidenden Eindruck. Dieser Wein verdient zweifellos großartige 18 Punkte. Er wäre vielleicht sogar noch besser zu bewerten, wenn der großen Konzentration der Aromen im Antrunk nicht ein gewisser Durchhänger folgen würde – von dem die Flasche sich mit der Zeit aber erholt, was ihr die Wertung rettet. Vor allem aber ist im weiterhin zu Gute zu halten, dass sich dann auch immer mehr der Abgang mit ganz eigenständigen, an nasse Hanfschnur erinnernden Aromen in den Vordergrund spielt und den Wein so zu einem lang anhaltenden Geschmackserlebnis macht. Bei diesem Wein wäre eine vertikale Verkostung tatsächlich mal ein sehr lohnenswertes Projekt, um genau festlegen zu können, wie weit die Qualität reicht. Was wir im Glas hatten, war auf jeden Fall bereits sehr beeindruckend!
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